Gelbe Karte im Arbeitsverhältnis: Die Abmahnung

Kurz vor dem endgültigen Platzverweis steht in vielen Sportarten die gelbe Karte. Und mehr als auf dem Spielfeld geht der Puls extrem hoch, wenn im Arbeitsverhältnis eine Abmahnung ausgesprochen wird. Auch im ersten Schockzustand sollten Sie dennoch ruhig und besonnen bleiben und erst nach eingehender Beratung mit einem Anwalt bzw. einer Anwältin oder mit Vertrauten darauf reagieren.

Denn im Individualarbeitsrecht ist der Bereich rund um die Abmahnung wegen eines (vermeintlichen oder tatsächlichen) Verstoßes der Arbeitnehmer:innen gegen ihre arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten sehr komplex. Oftmals ist es vor dem Ausspruch einer Kündigung zwingend nötig, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung ausspricht.

Was ist eine Abmahnung?

Die Abmahnung ist ein arbeitsrechtliches Mittel, mit dem der Arbeitgeber wegen eines Fehlverhaltens seiner Arbeitnehmer:innen vorgehen kann, manchmal sogar muss, bevor er als ultima ratio (letztes Mittel) eine Kündigung ausspricht.
 

Die Abmahnung hat zwei Funktionen:

1. Eine Abmahnung weist Sie als Arbeitnehmer:in eindringlich darauf hin, dass Sie Ihren vertraglichen Pflichten nicht nachgekommen sind oder einen Regelverstoß begangen haben.

2. Zwar wird Ihnen damit auch die Möglichkeit eingeräumt, Ihr Verhalten zu korrigieren, jedoch ist die Abmahnung ein klarer Verweis darauf, dass im nächsten Schritt mit einer Kündigung zu rechnen ist.

ACHTUNG!

Es hält sich hartnäckig die Behauptung, dass es dreier Abmahnungen für eine Kündigung bedarf – das ist nicht der Fall! Allerdings setzt eine verhaltensbedingte Kündigung (der bzw. die Arbeitnehmer:in kann, aber er oder sie will nicht) eine Abmahnung durch den Arbeitgeber voraus.

Je schwerer das Fehlverhalten, desto weniger Abmahnungen sind nötig, unter Umständen reicht bereits eine Abmahnung. Beispiele aus der Lebensmittelindustrie, die ein abmahnungswürdiges Verhalten der Arbeitnehmer:innen darstellen, sind in der Produktion die Nichtbeachtung hygienerechtlicher Vorschriften, ein falscher Umgang mit dem Produkt oder der Verpackung, ein falscher MHD Aufdruck und die unterlassene Kontrolle. Oder auch das weite Feld des Verstoßes gegen unternehmensinterne Regeln zum Verhalten bei Krankheit (wann und wie muss „der gelbe Schein“ zum Arbeitgeber?) kann zu einer Abmahnung führen (siehe hier auch unsere Ausführungen zur Krankmeldung).

Keine vorherige Abmahnung aussprechen muss der Arbeitgeber hingegen, wenn es sich um eine personenbedingte Kündigung handelt. So muss der Arbeitgeber beispielsweise wegen Krankheit oder aber Verlust des Führerscheins bei einem LKW-Fahrer vorher keine Abmahnung aussprechen.

Beide Funktionen, also Hinweis- und Warnfunktion der Abmahnung, müssen aus dem Text der Abmahnung deutlich hervorgehen. Nur so können Arbeitnehmer:innen auch wissen, was sie falsch gemacht haben und was ihnen im Wiederholungsfalle droht. Ist eine Abmahnung sachlich falsch, oder aber falsch formuliert, kann sie dadurch unwirksam und „wertlos“ sein.

Abmahnung – Was tun?

Eine Abmahnung ist die sehr starke Äußerung des Arbeitgebers, dass er mit der Leistung oder dem Verhalten der Arbeitnehmer:innen nicht einverstanden ist. Wenn Sie als Arbeitnehmer:in eine Abmahnung erhalten, ist es wichtig, gemeinsam mit einem spezialisierten Anwalt bzw. einer Anwältin und vielleicht auch mit Ihrem Betriebsrat, die Abmahnung inhaltlich und formal zu überprüfen. Häufig wird auch verlangt, dass Sie die schriftliche Abmahnung unterschreiben. Hier können Sie sich Bedenkzeit erbitten oder nur mit einem Zusatz unterschreiben, der einzig den Erhalt der Abmahnung bestätigt. Den Inhalt bestätigen Sie mit Ihrer Unterschrift nicht.

Ihr Anwalt bzw. Ihre Anwältin wird genau prüfen, ob die Form der Abmahnung angemessen ist, denn auch hier gibt es klare Vorgaben. So muss die Abmahnung beispielsweise eindeutig durch Vor- und Zunamen an Sie adressiert sein, der Regelverstoß muss klar und eindeutig benannt und dargestellt sein sowie einige andere Punkte mehr.

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ÜBER THOMAS SCHULZ

Der Autor ist freiberuflicher Rechtsanwalt mit arbeitsrechtlichem Schwerpunkt. Darüber hinaus war er Human Resources Interim Manager sowie Dozent für Sozial- und Arbeitsrecht bei der IHK Allgäu/Schwaben und Köln und war 13 Jahre als Personalmanager tätig – davon 10 Jahre in der Bayerischen Milchindustrie. Seit Mai 2015 ist Thomas Schulz geschäftsführender Gesellschafter der Rau Interim GmbH mit Sitz in Warburg. Damit ist er der erste Interim Management Provider im deutschsprachigen Raum, der sich ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie konzentriert. 

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