Studierenden-Praktika in der Lebensmittelindustrie

Praktika von Studierenden sind sowohl für Bewerber:innen wie auch für Unternehmen noch immer ein sehr guter Weg, um sich kennenzulernen und um gegenseitige Erfahrungen zu sammeln.

Als Praktikant:in bekommen Studierende einen tieferen Einblick in ein Themengebiet ihres Studiums und eine (oftmals) bezahlte Eintrittskarte in die Praxiswelt, indem sie verschiedenen Unternehmenskulturen begegnen, erste Netzwerke knüpfen und den normalen Arbeitsalltag kennenlernen können. Idealerweise erleben sie eine gute Mischung aus Theorie und Praxis und gute Anreize für spätere berufliche Weichenstellungen. Zusätzlich ergibt sich vielleicht auch die Möglichkeit der Übernahme, wenn die Studierenden oder Absolvent:innen einen guten Job gemacht und sich so in dem Unternehmen qualifiziert haben. Und auch umgekehrt bleiben Praktikant:innen eher solchen Unternehmen treu, die sich während des Praktikums als fair, offen und mit Mehrwert bewiesen haben.

Studierenden-Praktika gelten in der Regel als berufliche Tätigkeit – insofern gelten bestimmte Rechte und Pflichten sowohl für die Praktikanten:innen, wie auch für die Arbeitgeber. Doch welche sind das? Wie wird gezahlt? Und welche grundsätzlichen Unterschiede gibt es zwischen einem freiwilligen und einem Pflichtpraktikum?

Vergütung in einem Praktikum

In Hinblick auf die Vergütung von Praktikant:innen hat sich seit der Umsetzung des Mindestlohngesetzes einiges geändert. Die Höhe der gezahlten Entgelte weicht je nach Unternehmensgröße, Branche, Funktionsbereich und Abschluss der Studierenden ab. Laut einer Studie von foodjobs.de, verdient die Hälfte der Praktikant:innen in Unternehmen der Lebensmittelindustrie mehr als 830 EUR im Monat. Hier gibt es natürlich wesentliche Unterschiede (wie weiter unten dargestellt, je nachdem ob Pflichtpraktikum oder freiwilliges Praktikum). Gleichwohl haben sich einige (insbesondere die größeren) Unternehmen in der Lebensmittelindustrie zugunsten der Praktikant:innen dazu entschieden, auch bei einem Pflichtpraktikum den Mindestlohn zu vergüten.

Rechte und Pflichten der Praktikant:innen und des Arbeitgebers

Ich empfehle zur Klarheit für beide Seiten ausdrücklich, einen schriftlichen Vertrag zu fixieren. Hier sollten dann die allgemeinen Rahmenbedingungen wie Arbeitszeit, Aufgabenbereiche und Entlohnung geregelt werden. Dies kann vor allem dann für die Praktikant:innen hilfreich sein, wenn sie das Gefühl bekommen, nur eine „billige“ Arbeitskraft zu sein. Wie z. B. in Form von Überschreitung der Arbeitszeit oder wenn ihnen keine Lerninhalte vermittelt werden und sie allzu oft in der Kaffeeküche oder am Kopierer gebraucht werden. Andererseits ist bei einer schriftlichen Fixierung auch klar formuliert, dass der Praktikant bzw. die Praktikantin sich ebenso an die Regelungen des Unternehmens zu halten hat, wie Arbeitssicherheitsvorschriften und die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.

Unterscheidung freiwilliges und Pflichtpraktikum

Im Rahmen eines Studiums gibt es die Unterscheidung zwischen freiwilligen Praktika und Pflichtpraktika. Bei vorgeschriebenen Pflichtpraktika (Zwischenpraktika: die Praktikant:innen müssen zwingend immatrikuliert sein) entsteht kein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen. Insofern müssen Pflichtpraktikant:innen grundsätzlich nicht bezahlt werden. Gleichwohl vereinbaren die Unternehmen oftmals eine Vergütung (auf das dann allerdings keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen, so wie auch keine Entgeltfortzahlungspflicht im Krankheitsfall entsteht). Freiwillige Praktika werden grundsätzlich wie normale Arbeitsverhältnisse behandelt. Hierbei ist der gesetzliche Mindestlohn zu beachten und es werden für den Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge fällig. Außerdem hat der Praktikant bzw. die Praktikantin bei dieser Konstellation Anspruch auf Urlaub, auf ein qualifiziertes Zeugnis und auf die weiterführende Entgeltzahlung im Krankheitsfall.

SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHT UND LOHNSTEUERPFLICHT SOWIE ARBEITSRECHT

Im Gegensatz zu den in Studienordnungen vorgeschriebenen Vor- und Nachpraktika bestehen für nicht vorgeschriebene Vor- und Nachpraktika (Praktikant:in ist nicht immatrikuliert) hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung keine Sonderregelungen. Wer also ein nicht vorgeschriebenes Praktikum gegen Entgelt ausübt, ist grundsätzlich als Arbeitnehmer:in versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten-, und Arbeitslosenversicherung. Da diese Praktika nicht in den Rahmen der betrieblichen Berufsbildung gehören, kann Versicherungsfreiheit im Rahmen eines Minijobs in Betracht kommen.

Alle Einzelheiten hier aufzuführen würde den Rahmen sprengen, weil jeder Einzelfall genau geprüft werden muss. Was ganz allgemein gesagt werden kann: Erhält ein:e Praktikant:in vom Arbeitgeber eine Vergütung, ist diese grundsätzlich lohnsteuerpflichtig nach den allgemeinen Regelungen (Lohnsteuerklasse und Lohnsteuertabellen). Dies ist für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen und zu berechnen. Handelt es sich um einen Minijob, kann die Lohnsteuer pauschaliert werden. Im Übrigen gilt auch hier wie so oft: Es sind bei all den verschiedenen Praktika-Möglichkeiten immer ganz detaillierte Betrachtungen anzustellen. Und zwar immer hinsichtlich des Dreiklanges Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht. Genau diese Betrachtungen machen ein einfaches Praktikum so „kompliziert“ für die Personalabteilungen.

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ÜBER THOMAS SCHULZ

Der Autor ist freiberuflicher Rechtsanwalt mit arbeitsrechtlichem Schwerpunkt. Darüber hinaus war er Human Resources Interim Manager sowie Dozent für Sozial- und Arbeitsrecht bei der IHK Allgäu/Schwaben und Köln und war 13 Jahre als Personalmanager tätig – davon 10 Jahre in der Bayerischen Milchindustrie. Seit Mai 2015 ist Thomas Schulz geschäftsführender Gesellschafter der Rau Interim GmbH mit Sitz in Warburg. Damit ist er der erste Interim Management Provider im deutschsprachigen Raum, der sich ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie konzentriert. 

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