Den Listerien an den Kragen gehen – Nachwuchspreis der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung für Forschung über Biofilmbildner

27.07.2020, Heinrich-Stockmeyer-Stiftung.

Am 24. Juli 2020 konnte sich Victoria Werum freuen, denn sie nahm den Nachwuchspreis der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung aus den Händen von Professor Dr. Dr. habil. Manfred Gareis für ihre an der Hochschule Fulda in den Fachbereichen Ökotrophologie und Lebensmitteltechnologie angefertigte Masterarbeit über die Bildung von Listerien- Biofilmen in der Fleischindustrie entgegen.

2019 widmete sich Frau Werum einer äußerst ungewünschten und unangenehmen Bakteriengattung: den Listerien. Gerade das Bakterium Listeria monocytogenes (L.) ist dafür bekannt, sogenannte Biofilme auszubilden, das heißt eine Schleimschicht aus verschiedenen Mikroorganismengattungen und -arten die sich zusammenschließen und so besser vor Umwelteinflüssen schützen können. Gelangen die Bakterien aus diesem Schleim in ein Lebensmittel, kann dies negative gesundheitliche Folgen wie Durchfall haben. Im Fall einer Listeriose kann dies zum Tod führen. Leider zeigen Biofilme gerade in der Fleischindustrie eine erhöhte Resistenz gegen herkömmliche Reinigungs- und Desinfektionsmittelmaßnahmen. Die größte Herausforderung bei der Bekämpfung von L. monocytogenes besteht darin, die Ansiedlung der Bakterien in Nischen zu verhindern. Die Forschung nach neuen Konzepten zur Kontrolle der Biofilme dieser Listerien-Art stand daher bei der Arbeit von Frau Werum im Mittelpunkt.

Beseitigungsstrategien

Reinigungsprodukte auf mikrobiologischer Basis werden als Alternative zu chemischen Mitteln bei der Bekämpfung von Biofilmen diskutiert. Die mikrobiologische Methode basiert auf dem Einsatz von Bacillus spp., denn diese Mikroorganismen sind dafür bekannt, Anti- Biofilm-Moleküle zu produzieren. Im Rahmen der nun ausgezeichneten Arbeit war es das Ziel, die Wirkung eines Reinigungsprodukts auf Bacillus-Basis auf bestehende Biofilme von L. monocytogenes einzeln oder zusammen mit dem Bakterium Pseudomonas fragi auf Edelstahlplättchen während eines simulierten Produktionsstopps zu testen.

Lösungsansatz und Ergebnisse

Die Tests wurden unter Fleischverarbeitungsbedingungen durchgeführt. Dazu wurden die Listerien-Spezies aus Schweinehackfleisch und aus geräuchertem Schweinebauch separat belassen, um Biofilme auf mit Fleischsaft beschmutzten Edelstahlplättchen zu bilden, die in steril filtriertem Fleischsaft mit Listerien allein oder zusammen mit Pseudomonaden inkubiert wurden. Im letzteren Fall wurden zunächst zwei Pseudomonasfragi-Stämme aus einem Schweinelachs-Fleischsaft zur Bildung eines Biofilms belassen und zusammen mit L. monocytogenes inkubiert. Nach der Biofilmbildung wurden die Edelstahlplättchen mit dem mit dem mikrobiologischen Reiniger behandelt und dann mit ihrem durch Hitze inaktivierten Gegenstück verglichen. Im Vergleich zur Negativkontrolle konnte die Biofilmpopulation von L. monocytogenes nach der Behandlung mit dem Reinigungsprodukt auf Bacillus-Basis und seinem hitzeinaktivierten Gegenstück signifikant reduziert werden. Der Vergleich zwischen den Reduktionswerten des mikrobiell aktiven und inaktiven Reinigungsprodukts zeigte keine signifikanten Unterschiede – weder beim Biofilm-Versuch allein mit Listerien noch bei dem mit Listerien und dem Pseudomonaden-Stamm.

Fazit

Anhand der von Frau Werum durchgeführten Studie kann die mikrobielle Reinigung als alternative Anti-Listerien-Strategie in Nischen der Fleischindustrie als eher ungeeignet eingestuft werden, denn die Bacillus-Sporen aus dem Reinigungsprodukt benötigten zu lange, um zu keimen, zu lange, um anschließend ihre Wirkung gegen Listerien zu entfalten und zu lange, um die Biofilmbildung zu unterbinden.

HINTERGRUND

Kurzprofil Listerien und Listeriose

Bakterien der Gattung Listeria (L.) sind grampositive, bewegliche, nicht-sporen-bildende und fakultativ anaerobe Stäbchen. Unter sieben Listeria- Spezies ist L. monocytogenes die weitaus bedeutendste humanpathogene Spezies. L. monocytogenes ist ein fakultativ pathogener Erreger, der bei Tieren vorkommt, jedoch auch außerhalb des tierischen Organismus überleben und sich vermehren kann. Im infizierten Tier oder Menschen kann sich das Bakterium intrazellulär vermehren. Die Erkrankung der Listeriose bricht beim Menschen teilweise erst Wochen später mit unspezifischem Fieber und mit vergleichsweise leichten Symptomen im Magen-Darm- Trakt wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall aus. Bei den meisten Patienten sind dies die einzigen Auswirkungen einer Infektion. Das jährliche Vorkommen von Fällen von invasiver Listeriose schwankt. (Robert-Koch- Institut: 308 Fälle im Jahr 2008; 698 im Jahr 2018). Die Letalität liegt im Durchschnitt bei 7 Prozent. Die Listeriose gehört zu den meldepflichtigen Erkrankungen mit der höchsten Letalität.

Nachwuchspreis der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung

Mit ihren Förderprogrammen und Auszeichnungen fördert die gemeinnützige Heinrich- Stockmeyer-Stiftung Arbeiten mit besonderem Praxisbezug und anwendungsorientierte Forschung zur Erzielung von mehr Lebensmittelsicherheit. Sie trägt damit zur Stärkung des Verbrauchervertrauens in die Qualität von Lebensmitteln bei. Der Nachwuchspreis der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung ist mit 2500 Euro dotiert. Prämiert werden insbesondere Bachelor- und Masterarbeiten sowie vergleichbare wissenschaftliche Abschlussarbeiten oder entsprechende Veröffentlichungen, die den genannten hohen Anwendungs- und Praxisbezug vorweisen und nicht älter als zwei Jahre sind. Der Nachwuchspreis wird an Wissenschaftler/innen sowie Mitglieder von wissenschaftlichen Institutionen, Fachgesellschaften, Behörden und Wissenschaftsredaktionen vergeben. Das Kuratorium der Stiftung, das den Preisträger auswählt, besteht aus derzeit vier Mitgliedern: Prof. Dr. Dr. habil. Manfred Gareis (Vorsitzender), Prof. Dr. Monika Pischetsrieder, Prof. Dr. Ulrich Nöhle und Dr. Karl Horst Gehlen.

 


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