Getreideernte 2020: Erträge übertreffen Erwartungen - gute Qualitäten

13.08.2020, Agrar Markt Austria.

„Die Getreideproduktion (ohne Mais) wird auf rund 3,1 Mio. t geschätzt und entspricht dem Vorjahresniveau und dem langjährigen Mittel. Somit ist Österreich weiterhin mit dem bedeutenden Grundnahrungsmittel Getreide ausreichend versorgt. Die prognostizierte Gesamtproduktion von 5,4 Mio. t (mit Mais) liegt aufgrund der guten Maisbestände auf Vorjahresniveau“, informiert Dipl.-Ing. Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria (AMA).

Marktorientierung und Klimawandel führen zu deutlichen Flächenverschiebungen

Die Verschiebungen innerhalb der Getreideanbauflächen verdeutlichen die starke Marktorientierung der Landwirte. Ebenso führen unterschiedliche Strategien gegen die immer häufiger auftretenden Trockenheitsphasen zu Änderungen der Kulturartenwahl. Der Herbstanbau spielt eine immer bedeutendere Rolle.

Die Weichweizenfläche folgte dem Abwärtstrend der Vorjahre (-2.119 ha) und liegt auf dem historisch geringsten Wert von 246.106 ha, ist jedoch weiterhin die bedeutendste Kulturart auf dem österreichischen Ackerland.

Die zweitbedeutendste Getreideart für die Vermahlung ist Roggen. Die Roggenfläche wurde durch preisliche Rückgänge zurückgenommen (-981 ha), liegt aber weiterhin über den Flächen der Jahre 2016 bis 2018.

Als Reaktion auf die – in den letzten Jahren deutlich ausgeprägte – Frühjahrstrockenheit schrumpfte heuer die Sommergerstenfläche erneut auf ihr historisch geringstes Ausmaß. In den letzten drei Jahren halbierte sich die Fläche dieser Kultur nahezu (-41 %). Wintergerste konnte in den trockenen Vorjahren und auch heuer durch die Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit und die früheste Abreife aller Getreidearten (Juni) trotz Trockenheit gute Erträge erzielen. Demnach weiteten die Landwirte 2020 die Fläche erneut aus (+1.906 ha), wodurch ein neuer Rekordwert erreicht wurde.

Körnermais durchbricht seinen mehrjährigen Aufwärtstrend (-8.189 ha), da geringe Preisbewegungen am Maismarkt vorherrschten. Die diesjährige Körnermaisfläche liegt weiterhin über den Flächen der Jahre 2015 bis 2018.

Die Fläche für Ölraps wurde aufgrund suboptimaler Anbaubedingungen und zunehmender Schädlingsprobleme in den Vorjahren deutlich reduziert (-4.163 ha). Die Fläche für Zuckerrüben sank um 1.209 ha. Sonnenblumen zählen aufgrund positiver preislicher Impulse zu den Gewinnern (+2.270 ha). Die größte absolute Zunahme aller Ackerkulturen zum Vorjahr erreichte der Ölkürbis (+10.316 ha), wodurch die Fläche jener Kultur das größte Ausmaß seit vier Jahren erreichte, wenngleich der historische Rekord aus 2016 (39.470 ha) nicht übertroffen wurde. Sojabohnen konnten den Flächenrekord aus dem Vorjahr mit geringen Verlusten halten (-687 ha).

Bio-Anteil an Ackerfläche weiterhin bei 20 %

Die Bio-Ackerflächen konnten den Rekordzuwachs aus dem Vorjahr halten und um weitere 1.931 ha zulegen.

Innerhalb der Biogetreidearten wurden einige Verschiebungen entsprechend der Nachfrage vollzogen. Bio-Futtergetreide wurde reduziert (-8.058 ha), während aufgrund der gesteigerten Nachfrage mehr Bio-Mahlgetreide (+2.437 ha) angebaut wurde. Die Kulturflächen von Bio-Hirse (+1.054 ha), Bio-Ölsonnenblumen (+1.584 ha) und Bio-Sojabohnen (+2.140 ha) wuchsen deutlich gegenüber dem Niveau des Vorjahres.

Hoher Selbstversorgungsgrad für Mahlgetreide

„Die COVID19-Krise bestätigte die hohe Resilienz des österreichischen Getreidesektors entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Versorgung mit Getreide und Getreideerzeugnissen war während der deutlich gesteigerten Haushaltseinkäufe zu jedem Zeitpunkt sichergestellt“, berichtet der Verwaltungsratsvorsitzende der AMA ÖkR Ing. Franz Windisch.

Die Reichweiten der Mahlgetreidelager während der COVID19-Krise konnten sieben Monate Vermahlung abdecken. Der während der Krise aufgetretene Mehlabsatz führte zu einer deutlich (+26 %) erhöhten Produktion, welche jedoch durch die gesunkene Vermahlung in den Folgemonaten kompensiert wurde.

Während der COVID19-Krise im März 2020 wurden 39 % mehr Hartweizen (Teigwaren), 27 % mehr Weichweizen, 24 % mehr Dinkel und 10 % mehr Roggen vermahlen.

Inlandsverarbeitung gestiegen

“Die österreichische Getreidebilanz ist im industriellen Sektor von einer Ausweitung der Weichweizenverarbeitung (Weizenstärke) und der konstant hohen Maisverarbeitung geprägt. Im Mühlensektor ist über das gesamte abgeschlossene Wirtschaftsjahr (inklusive der Steigerungen im März 2020) nur ein geringer Anstieg zu verzeichnen. Der Mischfuttersektor weist steigende Verarbeitungsmengen von Gerste und Mais auf “, informiert Windisch.

Im laufenden Wirtschaftsjahr 2020/2021 werden die Exporte auf 1,4 Mio. t geschätzt, die Importe jedoch sinken nur leicht auf 2,5 Mio. t. Die Exporte erreichten in den letzten Jahren 1,4 bis 1,8 Mio. t, die Importe – je nach inländischer Erntemenge – zwischen 2,1 und 2,7 Mio. t. Vor allem die Lieferungen von hochwertigem Premium- und Qualitätsweizen nach Italien bilden die Basis für eine erfolgreiche Außenhandelsbilanz.

Der Bio-Anteil an der Gesamtgetreideproduktion beträgt 10 %, der Bio-Anteil an der Verarbeitung 6 % und der Bio-Anteil an den Lagerbeständen 16 %. Die Lager für Biogetreide sind mit Ware aus der letztjährigen Ernte gut gefüllt, daher besteht weiterhin ein Exportbedarf, um den Markt zu entlasten.

Weniger Hitzetage – Regen im Mai und Juni

Der Witterungsverlauf für die Ernte 2020 zeichnete sich durch eine ausgeprägte Frühjahrstrockenheit aus, welche – regional verschieden – zwei bis vier Wochen länger als im Vorjahr dauerte. Die Folge daraus waren nicht nur eine geringe Ährenanzahl pro Quadratmeter, sondern auch eine verminderte Kornzahl pro Ähre.

„Die ab Mitte Mai zögerlichen und ab Ende Mai flächendeckenden überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen gepaart mit mäßigen Temperaturen sorgten schlussendlich für eine ideale Kornfüllung“, berichtet Griesmayr.

Die Ernte begann später als in den Vorjahren und wurde durch mehrere Regenereignisse unterbrochen. Die Regenfälle hatten jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf die Getreidequalität.

Die Sommergetreidearten litten durch die Frühjahrstrockenheit wesentlich stärker, da ihnen der Vegetationsvorsprung der Wintergetreidearten (Anbau Herbst) fehlte.

Gute Aussichten für die Herbsternte

Für die Kulturen der Herbsternte (Mais, Sojabohne, Sonnenblumen) stellte sich das Jahr 2020 (bis dato) als nahezu ideal dar. Die anfängliche Trockenheit zur Aussaat (April/Mai) wurde durch das rasche Wachstum ab Mitte Mai kompensiert. Danach sorgten die ausreichenden Niederschläge (im Juni und Juli) in Kombination mit mäßigen Temperaturen für eine ideale ertragsentscheidendste Wachstumsphase (Blühphase) von Mais.

Ernteergebnisse der Hauptkulturen

Die Erntemenge von Weichweizen – die Kultur mit dem höchsten Flächenanteil in Österreich – wird rund 1,5 Mio. t betragen und liegt somit um 1,6 % unter dem Fünfjahresdurchschnitt und auf Vorjahrjahresniveau. Sie zeichnet sich heuer durch eine ausgewogenere Qualitätsverteilung von Mahl-, Qualitäts- und Premiumweizen und herausragende Hektolitergewichte (Erhöhung der Kornausmahlung) aus.

Erste Ergebnisse der Untersuchungen aus der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in Wien weisen bis dato sehr gute Knet- und Backeigenschaften auf. Bundesweit wird die Qualitätsverteilung derzeit auf rund 50 % Premium- und Qualitätsweizen sowie 50 % Mahlweizen geschätzt. Daher bestehen weiterhin gute Chancen für die Vermarktung an die inländische Mühlenindustrie und den Export, vor allem nach Italien.

Die Erntemenge von Hartweizen (77.000 t) liegt – durch reduzierte Hektarerträge und Flächenverluste – um 6 % unter dem Vorjahr und um 19 % unter dem Fünfjahresmittel. Die Versorgung ist weiterhin gesichert. Die Qualitätseigenschaften für die Teigwarenherstellung sind wieder hervorragend. Roggen – nach Weizen das zweitwichtigste Brotgetreide in Österreich – liefert auf den bisher geernteten Flächen zufriedenstellende Erträge (4,8 t/ha), wofür Züchtungsfortschritte mitverantwortlich sind (Hybridzüchtung). Es wird eine Produktionsmenge von 206.000 t erwartet, welche über dem Vorjahr (+6 %) und dem Fünfjahresmittel (+19 %) liegt.

Die gesamte Gerstenproduktionsmenge wir auf 824.000 t geschätzt. Wintergerste erzielt erneut Spitzenerträge (6,7 t/ha) und erreicht den Produktionsrekord aus dem Vorjahr von rund 700.000 t.

Die Sommergerstenernte von rund 124.000 t litt unter der Frühjahrstrockenheit und fiel ertraglich (2020: 4,0 t/ha) unter das Vorjahr (-17 %). Die Braugerstenqualität ist jedoch durch die gute Kornfüllungsphase zufriedenstellend.

Die geerntete Rapsmenge von 76.000 t liegt durch ein Zusammenspiel aus Flächentief und niedriger Hektarerträge (2,4 t/ha) auf einem sehr geringen Niveau (-29 % zum Vorjahr). Trockenheit und Schädlingsbefall wirkten negativ auf diese bedeutende Ölsaat.

Das Angebot an Körnererbsen verringert sich durch niedrige Hektarerträge (2,3 t/ha) und einer ohnehin schon kleinen Kulturfläche auf 11.500 t.

Weizenpreise stabil – COVID19 verunsichert Exportmarkt

Die ersten Notierungen für Premiumweizen der neuen Ernte liegen – mit geringfügigen Steigerungen – auf dem Niveau der alten Ernte. Premiumweizen kann heuer eine deutliche Qualitätsprämie von 10 EUR/t gegenüber Qualitätsweizen und von 16 EUR/t gegenüber Mahlweizen – aufgrund einer geringeren Verfügbarkeit für diese Qualitätsstufe – erzielen.

Der Preis für Futtergerste ist bedingt durch das große Angebot in Österreich und Europa rückläufig. Mais (Ernte 2019) konnte in den letzten Monaten – beeinflusst von internationalen Preissprüngen – zulegen. Zuvor wurde seine Notierung durch Rückgänge der Bioethanolproduktion in den USA deutlich gedrückt.

 


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