Tabuthema Gehalt: Darf man über sein Entgelt reden?

17.02.2021, foodjobs.de.

Diese Frage beschäftigt viele Arbeitnehmer, denn beim Tabuthema Gehalt sind die meisten lieber vorsichtig – vor allem dann, wenn eine Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag zu finden ist. Thomas Schulz, freiberuflicher Rechtsanwalt mit arbeitsrechtlichem Schwerpunkt, erklärt, inwieweit man sich mit den Arbeitskollegen über das Gehalt austauschen darf. 

Häufig findet man in Arbeitsverträgen weitreichende Verschwiegenheitsklauseln. Dies ist in Bezug auf vertrauliche Betriebsgeheimnisse auch völlig legitim und zulässig, vor allem in der Produkt- und Rezepturentwicklung oder im Vertrieb. Oft finden sich in solchen Klauseln jedoch auch pauschal formulierte Zusätze, in denen steht, dass der Mitarbeiter nicht mit Kollegen über sein Gehalt sprechen darf. 

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat hierzu im Jahr 2009 entschieden, dass eine solch generelle und pauschale Formulierung unwirksam ist, denn „eine Klausel, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, über seine Arbeitsvergütung auch gegenüber Arbeitskollegen Verschwiegenheit zu bewahren, ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer daran hindert, Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen der Lohngestaltung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgreich geltend zu machen. Darüber hinaus verstößt sie gegen Art. 9 Abs. 3 GG.“ (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.10.2009 – 2 Sa 183/09)  

Somit kann der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter grundsätzlich nicht pauschal verbieten, über sein Gehalt zu sprechen und sich mit den Kollegen diesbezüglich auszutauschen. Der Arbeitgeber muss außerdem im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Lohngestaltung fair sein, was wiederum der Arbeitnehmer „überprüfen“ können muss. Dies gelingt jedoch nur dann, wenn der Arbeitnehmer über sein Gehalt sprechen darf. 

Neben dem Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern, schützt den Arbeitnehmer daher das sogenannte Entgelttransparenzgesetz aus dem Jahr 2017. Mit diesem Gesetz soll sichergestellt werden, dass Männer und Frauen für die gleiche Arbeit gleich bezahlt werden und Arbeitgeber auf Nachfrage Auskunft über die Entgeltstruktur in Bezug auf einzelne Vergleichsgruppen im Unternehmen geben müssen. Demnach sichern sowohl Judikatur als auch Gesetzgebung dem Arbeitnehmer grundsätzlich zu, über sein Gehalt sprechen zu dürfen.   

Aber wie so oft bei juristischen Fragestellungen heißt es auch hier: keine Regel ohne Ausnahme. Aus diesem Grund sagen wir Juristen so gerne „grundsätzlich“. Denn in Ausnahmefällen kann es tatsächlich möglich sein, dass der Arbeitgeber mit einer wirksamen Klausel im Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit über sein Entgelt verpflichten kann. Dies ist zwar eher die Ausnahme, jedoch unter Umständen vorstellbar. Besonders dann, wenn es um eine Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitgebers geht. In der Lebensmittelindustrie sind meines Wissens solche Fälle aber eher die Ausnahme. 

 


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