Arbeitsvertrag
Der befristete Arbeitsvertrag – Chancen und Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen
Dein Wunscharbeitgeber bietet Dir nur einen befristeten Vertrag an? Keine leichte Entscheidung für viele Arbeitnehmer:innen und sie ist natürlich immer abhängig von der Gesamtsituation, in der man sich befindet. Denn obwohl das befristete Arbeitsverhältnis vom Gesetzgeber ursprünglich als Instrument gedacht war, um Arbeitnehmer:innen den Einstieg oder die Rückkehr ins Berufsleben zu erleichtern, befinden sich die Vorteile mittlerweile überwiegend auf Seiten des Arbeitgebers.
Der Spielraum ist groß: In Deutschland darf mit und ohne Sachgrund befristet eingestellt werden. Und da gilt es, für Arbeitnehmer:innen genau hinzuschauen und die eigene Motivation für den angebotenen Job zu hinterfragen:
Befristungen ohne konkreten Sachgrund:
• Um Mitarbeitende zu testen. Dabei handelt es sich um Verträge, die bis zu drei Mal innerhalb von zwei Jahren verlängert werden dürfen.
• Wenn der Arbeitgeber als Existenzgründer einen besonderen Schutz genießt. Dann dürfen Verträge sogar bis zu 48 Monate verlängert werden.
Ohne Sachgrund kann nicht länger als zwei Jahre befristet werden. Voraussetzung ist aber zwingend, dass vorher kein Arbeitsverhältnis zwischen den Arbeitnehmer:innen und dem Arbeitgeber bestanden hat. Aber was ist, wenn ich vorher Azubi oder Praktikant:in im Unternehmen war? Das spielt hier keine Rolle, denn ein Ausbildungs- oder Praktikantenverhältnis gilt nicht als Arbeitsverhältnis. Eine Befristung kann in diesem Fall also wirksam ohne Sachgrund vereinbart werden.
Befristungen mit konkretem Sachgrund:
• Du wirst nach Deiner Ausbildung übernommen, um Deine Chancen am Arbeitsmarkt generell zu verbessern.
• Der Bedarf für die Stelle besteht nur befristet.
• Es handelt sich um eine Vertretungsstelle wegen Elternzeit, Krankheit oder Urlaub.
Gibt es einen oder mehrere Sachgründe, kann eine Befristung auch länger als zwei Jahre vereinbart werden. Aufgepasst: Ist eine Befristung nicht wirksam vereinbart, wandelt sich das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes und kann so unverhofft zum Vorteil der Arbeitnehmer:innen werden.
Insgesamt ist ein befristetes Arbeitsverhältnis dem unbefristeten Arbeitsverhältnis gleichgestellt – es gelten die gleichen Regelungen (Urlaub, Weihnachtsgeld, Zulagen, etc.) wie für alle anderen Mitarbeitenden im Unternehmen.
Der befristete Vertrag endet mit Zeitablauf der Frist ohne weitere Kündigung. Während der Befristung kann er durch Kündigung beendet werden, allerdings nur, wenn es im Vertrag auch ausdrücklich geregelt ist. Immer möglich ist die fristlose Kündigung bei wichtigem Grund (oder die einvernehmliche Aufhebung).
Die Vorteile eines befristeten Arbeitsvertrages sind für Arbeitnehmer:innen eher gering. Und doch kann es eben genau die wichtige Einstiegshilfe beim Wunscharbeitgeber sein oder die Möglichkeit, in einem besonderen Projekt wichtige Erfahrungen zu sammeln.
Die Lebensmittelindustrie setzt Befristungen nicht nur im blue-collar Bereich ein, sondern durchaus auch bei den white-collar Kolleg:innen. Selbst namhafte Markenartikelhersteller setzen in schwierigen Phasen auf eine generelle Befristung aller neuen Mitarbeitenden. Die Erfahrung zeigt, dass im Zuge einer positiven Geschäftsentwicklung, die Arbeitsverträge zügig in unbefristete Arbeitsverhältnisse gewandelt werden.
ÜBER THOMAS SCHULZ
Der Autor ist freiberuflicher Rechtsanwalt mit arbeitsrechtlichem Schwerpunkt. Darüber hinaus war er Human Resources Interim Manager sowie Dozent für Sozial- und Arbeitsrecht bei der IHK Allgäu/Schwaben und Köln und war 13 Jahre als Personalmanager tätig – davon 10 Jahre in der Bayerischen Milchindustrie. Seit Mai 2015 ist Thomas Schulz geschäftsführender Gesellschafter der Rau Interim GmbH mit Sitz in Warburg. Damit ist er der erste Interim Management Provider im deutschsprachigen Raum, der sich ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie konzentriert.