Kündigung
Gekündigt - was nun? Was tun, wenn man die Kündigung erhält?

Jede:r reagiert anders, wenn er oder sie die Kündigung erhält. Und nicht immer trifft einen die Kündigung völlig unerwartet. Ein Einschnitt ist sie jedoch immer. In der Situation selbst hilft nur eines: Bewahre einen kühlen Kopf und versuche, Deine Emotionen im Zaum zu halten. Reagiere nicht sofort: Besser ist es, sich zurückzuziehen und sich mit engen Vertrauten außerhalb des Arbeitsplatzes erst einmal auszutauschen. Bleibe rational und lass Dich nicht zu spontanen Äußerungen oder Handlungen hinreißen. Sortiere Dich, lass Dich beraten zur Rechtswirksamkeit Deiner Kündigung und reflektiere Deine persönliche Situation so gelassen wie möglich.
BEHALTE DABEI WICHTIGE FRISTEN IM AUGE:
• Melde Dich umgehend (innerhalb von drei Tagen nach der Kündigung) beim Arbeitsamt arbeitssuchend. Sonst läufst Du Gefahr, erst nach einer Sperrfrist von mehreren Wochen Arbeitslosengeld zu erhalten.
• Innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung muss eine mögliche Klage beim Arbeitsgericht eingereicht sein, denn nach dieser Dreiwochenfrist kannst Du nicht mehr nach den Regeln des Kündigungsschutzgesetzes vorgehen.
Wenn Du rechtlich gegen die Kündigung vorgehen möchtest, lauten die Tipps wie folgt:
• Solltest Du aufgrund einer fehlenden Arbeits-Rechtsschutzversicherung keinen Anwalt bzw. keine Anwältin einschalten wollen, so kann die Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht eine wichtige Anlaufstelle sein. Dort erhältst Du Unterstützung bei der Klageerhebung nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Grundsätzlich gilt: In der ersten Instanz beim Arbeitsgericht trägt jede Partei ihre Anwaltskosten selbst. Unabhängig davon, wer am Ende gewinnt.
• Ein Anwalt bzw. eine Anwältin wird zunächst die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen. Dafür solltest Du auf alle Fälle Deinen Arbeitsvertrag und die Kündigung zum Erstgespräch mitbringen oder diese Deinem Anwalt bzw. Deiner Anwältin bereits im Vorfeld zur Verfügung stellen.
FOLGENDE SACHVERHALTE SIND DABEI WICHTIG:
a) War die Kündigung schriftlich? Wenn nein, ist sie schon deshalb unwirksam.
b) Wer hat gekündigt? Gibt es mehrere Firmen? Hat die richtige Firma gekündigt? Hat die Kündigung eine Originalunterschrift? Durfte der Kündigende auch kündigen, d.h. ist er dazu bevollmächtigt und lag eine Vollmacht der Kündigung bei?
c) Gibt es bei Dir in der Organisation einen Betriebsrat, der auch für Dich zuständig ist? Wenn ja: Wurde dieser form- und fristgerecht beteiligt? Ist diese sogenannte „Anhörung“ des Betriebsrates fehlerhaft, ist auch die Kündigung unwirksam.
d) Steht der richtige Kündigungstermin in der Kündigung? D.h. wurde die Kündigungsfrist aus dem Arbeitsvertrag, Gesetz oder Tarifvertrag beachtet? Wann war in diesem Zusammenhang der Zugang der Kündigung? War alles noch fristgerecht? Diese Frage ist gerade zum Monatsende spannend.
e) Greifen für Sie eventuell besondere Kündigungsschutzgründe, wie z.B.
i. Schwerbehindertenstatus
ii. Betriebsratsstatus
iii. Elternzeit (gilt auch für Männer!)
iv. Schwangerschaft
f) Was genau ist der Hintergrund der Kündigung, also worauf stützt sich die Kündigung?
Drei der häufigsten Anlässe sind:
i. Verhaltensbedingt: Nicht ausreichende Leistung, Dein Verhalten entspricht nicht den vertraglichen Vereinbarungen oder Du gehst ungenehmigten Nebentätigkeiten nach. Hier sind vorherige Abmahnungen nötig – ein einmaliges Fehlverhalten reicht noch nicht für eine Kündigung aus.
ii. Personenbedingt: Du willst theoretisch, aber Du kannst nicht: Führerschein als LKW-Fahrer verloren. Alkoholismus. Krankheit. Hier ist keine Abmahnung vorher nötig, aber wenn es um eine fehlzeitenbedingte Kündigung geht, muss eine negative Zukunftsprognose gegeben sein. Das bedeutet: Auch in jenem Fall ist es schwierig, wirksam gekündigt zu werden.
iii. Betriebsbedingt: Wegfall des Arbeitsplatzes. Wird oft als Kündigungsgrund genommen, muss aber für die Wirksamkeit sehr genau belegt werden. Kein:e andere:r im Unternehmen übernimmt Deine Aufgaben? Stimmt das wirklich? Wurde die richtige Sozialauswahl getroffen, d.h. bist Du der oder die, der/die am wenigsten schutzwürdig ist, weil Du jung bist und weder Kinder noch Unterhaltspflichten hast?
• Wenn all diese Fragen besprochen sind, gilt es, mit oder ohne Anwalt bzw. Anwältin, die Strategie festzulegen. Ein Arbeitsgerichtsprozess muss dabei immer sorgfältig abgewogen werden, verbessert aber beispielsweise Deine Ausgangslage beim Arbeitsamt. Selten genug kann ein Arbeitsverhältnis nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung fortgesetzt werden. Finanziell kann der Verlust des Arbeitsplatzes durch eine Abfindung meist jedoch etwas abgemildert werden.
• Vergiss nicht, umgehend die Weichen für die Zukunft zu stellen: Bringe Deine Bewerbungsunterlagen auf den aktuellen Stand. Vielfach macht es Sinn, direkt im Anschluss an die Kündigung um ein Zwischenzeugnis zu bitten. Abhängig davon, wie lange Du noch im Anstellungsverhältnis verbleibst und Deine Kündigung unter Umständen auch noch nicht offiziell im Unternehmen und bei Kunden wie Geschäftspartner:innen kommuniziert ist, solltest Du sehr behutsam mit Deinen Aktivitäten sein. Erste:r Ansprechpartner:in könnte aber der bzw. der/die Personalberater:in sein.
Auf zu neuen Herausforderungen – Richtig Kündigen

Professionell bleiben bis zum Schluss
Die Beweggründe, sich von seinem Arbeitgeber zu trennen, sind vielfältig und meist ist die Kündigung lang – sowie wohlüberlegt. Aber unabhängig davon, wie lange die Zugehörigkeit zum aktuellen Arbeitgeber auch ist, es lohnt sich immer, sich ein paar Gedanken ums professionelle Ausscheiden zu machen. Denn ein positiver Abgang ist gut fürs eigene Image. Getreu dem Motto "Man sieht sich immer zweimal im Leben", gilt dies ganz besonders in bestimmten Branchen oder Nischen. Egal, ob die Vorfreude auf die neue Herausforderung groß ist oder man einfach nur noch alles hinter sich lassen will, tut jeder gut daran, sich vorher Gedanken zum "Richtig Kündigen" zu machen.
AUF ZU NEUEN HERAUSFORDERUNGEN
Du möchtest einen neuen Job antreten und beim Verlassen des momentanen Unternehmens alles richtig machen? Die wichtigste Voraussetzung hier: Für den Neustart ist alles unter Dach und Fach: Das heißt, Du hältst den neuen Arbeitsvertrag schon unterschrieben in Ihren Händen und der Arbeitsbeginn stimmt mit Deiner Kündigungsfrist überein. Prozesse überlappen sich stark, deshalb sind schon in den Verhandlungen mit dem neuen Arbeitgeber viele Punkte vorher zu klären.
Hier unsere Checkliste:
• Kündigungsfrist recherchieren: Was steht im Arbeitsvertrag? Gibt es andere Fristen aus Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung? Oder gilt einfach das Gesetz mit vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats?
• Braucht es ein Kündigungsschreiben? Ja, eine Kündigung muss schriftlich auf Papier erfolgen und mit vollem Namen unterschrieben werden. Sie muss eindeutig formuliert werden, bedarf aber keiner Begründung oder sonstige Schnörkel.
Im Kern genügt: „Hiermit kündige ich meinen Arbeitsvertrag form- und fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt." Auf dem Schreiben sind folgende Bestandteile elementar: Deine persönlichen Angaben, die korrekte Adresse, das Datum, ein eindeutiger Betreff und eine höfliche und korrekte Anrede sowie die Unterschrift.
• Am besten übergibst Du das Schreiben persönlich an Deine Vorgesetzten. Wenn Du sicher gehen willst, lass Dir den Zugang auf einer zweiten Ausfertigung durch eine Unterschrift bestätigen. Solltest Du das nicht wollen, geht natürlich auch der Postweg, mit Einwurfeinschreiben. Oder mit Zeug:innen beim Pförtner bzw. der Pförtnerin abgeben. Das solltest Du zeitig veranlassen, denn die Kündigungsfrist beginnt erst mit Zugang beim Empfänger, also beim Unternehmen.
So schnell wie möglich den neuen Job antreten
Dein neuer Arbeitgeber begrüßt es, wenn Du früher einsteigen kannst: Das sind Signale, die jeder, der sich auf eine neue Aufgabe freut und ehrgeizig ist, gerne bekommt. Nicht selten führen diese dazu, dass man noch unzufriedener und ungeduldiger am alten Arbeitsplatz wird. Verständlich, ist man doch mental längst dabei, sich vom alten Arbeitsumfeld zu distanzieren.
Wie geht man damit um? Drängeln, um vor Ablauf der Kündigungsfrist das Unternehmen verlassen zu können? Will man einen guten Eindruck und so wenig verbrannte Erde als möglich hinterlassen, hilft nur eins: Sich dennoch jeden Tag neu motivieren, das Beste zu geben und sich weiter loyal gegenüber Arbeitgeber, Vorgesetzten und Kolleg:innen zu verhalten. Das schafft die beste Basis, um im Zuge des Kündigungsprozesses offen das Gespräch zu suchen.
Suche gemeinsam mit Deinem Vorgesetzten nach Wegen, um eventuell mit Hilfe eines Aufhebungsvertrages früher aus dem Arbeitsvertrag ausscheiden zu können. Unabhängig davon, ob Du in der Lebensmittelindustrie oder einer anderen Branche beschäftigt bis: Wenn es Dir gelingt, anzuzeigen, wie Du Deine Aufgaben bestmöglich abarbeiten oder übergeben kannst, werden die meisten Vorgesetzten einlenken. Insbesondere bei langen Kündigungsfristen (6 Monate zum Quartalsende sind bei Führungskräften nicht unüblich) und einem guten Arbeitsverhältnis steigt die Bereitschaft, Dich eher gehen zu lassen.
Eher raus – Was ist zu beachten?
• Unterschreibe bei Deinem neuen Arbeitgeber niemals einen Startzeitpunkt, den Du juristisch sauber wegen einer möglicherweise langen Kündigungsfrist nicht einhalten kannst. Folgende Formulierung hilft hier weiter: „Das Arbeitsverhältnis beginnt spätestens am XX (mögliches Datum bei Einhaltung Ihrer Kündigungsfrist), ein früherer Start am YY oder ZZ ist jederzeit möglich, soweit der Arbeitnehmer sein jetziges Arbeitsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt beenden kann.“
• Du willst sofort raus, koste es was wolle, hast aber keinen triftigen Grund für eine fristlose Kündigung? Suche das offene Gespräch mit Deinem Vorgesetzten. Zugegeben, in den meist sehr angespannten Personalsituationen bedarf es einer gewissen Hartnäckigkeit, um Gehör zu finden. Dennoch herrscht in vielen Unternehmen die Haltung "Reisende sollte man nicht aufhalten". Wer kündigen möchte und „gegen seinen Willen“ im Unternehmen gehalten wird, zählt in der Regel nicht mehr zu den Leistungsträger:innen.
• Was geschieht, wenn Du auch ohne wirksamen Grund fristlos kündigst und von heute auf morgen nicht mehr am Arbeitsplatz erscheinst?
Rechtlich steht es dann dem Unternehmen zu, Schadensersatz geltend zu machen. Das wäre grundsätzlich möglich, aber das Unternehmen müsste vor Gericht nachweisen, dass es durch Deine Kündigung einen nachweisbaren Schaden erlitten hat. Für beide Seiten eine unschöne Sache, die mit einem guten letzten Eindruck nicht zu vereinbaren ist.
Unzumutbare Zustände am Arbeitsplatz können eine fristlose Eigenkündigung notwendig machen. Willst Du sicher gehen, dass tatsächlich triftige Gründe vorliegen, die auch die Agentur für Arbeit anerkennt, empfiehlt es sich immer, sich vorher beraten zu lassen. Entweder direkt bei der Agentur für Arbeit oder durch einen Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin. Dann läufst Du erst gar nicht Gefahr, eine Sperre für den Bezug von Arbeitslosengeld 1 zu riskieren. Unter wirklich triftige Gründe fallen beispielsweise nachweisbare Arbeitsschutzverstöße, die Gefahr für Leib oder Leben bedeuten, länger ausbleibende Entgeltzahlungen oder etwa nachweisbares Mobbing. Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes kannst Du sofort ohne Einhaltung einer Frist kündigen und das Unternehmen verlassen. Bis zum Tag der Kündigung erhältst Du dann Dein Arbeitsentgelt. Anschließend solltest Du keine Zeit verlieren und Dich direkt bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden.
ÜBER THOMAS SCHULZ

Der Autor ist freiberuflicher Rechtsanwalt mit arbeitsrechtlichem Schwerpunkt. Darüber hinaus war er Human Resources Interim Manager sowie Dozent für Sozial- und Arbeitsrecht bei der IHK Allgäu/Schwaben und Köln und war 13 Jahre als Personalmanager tätig – davon 10 Jahre in der Bayerischen Milchindustrie. Seit Mai 2015 ist Thomas Schulz geschäftsführender Gesellschafter der Rau Interim GmbH mit Sitz in Warburg. Damit ist er der erste Interim Management Provider im deutschsprachigen Raum, der sich ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie konzentriert.