Fahrtkostenerstattung - Wer bezahlt die Reisekosten zum Vorstellungsgespräch?

Du bist zum Vorstellungsgespräch eingeladen? Glückwunsch! Jetzt gilt es, die Einladung genau zu lesen, denn viele Unternehmen teilen direkt in der Einladung mit, wie sie mit der Reisekostenerstattung umgehen. 

Geregelt ist die Übernahme der Reisekosten in § 670 BGB. Darin steht, dass der Arbeitgeber, der Dich zu einem Vorstellungsgespräch einlädt, auch die angemessenen Anreisekosten sowie unter Umständen die angemessenen Übernachtungskosten zu tragen hat. Der gesetzliche Anspruch tritt ein, sobald Du zum persönlichen Gespräch vor Ort eingeladen wurdest.

Erstattungsfähige Reisekosten sind:

•   Fahrtkosten

•   Übernachtungskosten

•   Verpflegungskosten, falls Du zu einem länger dauernden Assessment oder ähnlichem eingeladen wirst

Aber auch hier gilt: Es gibt Einschränkungen, denn die Kosten müssen sich in einem angemessenen Rahmen bewegen. Das heißt beispielsweise ein Bahnticket 2. Klasse buchen, bei Anfahrt mit dem eigenen PKW 30 Cent/Kilometer ansetzten und falls Kosten für zusätzliche Verpflegung anfallen, wäre es klug, beim Arbeitgeber sicherheitshalber im Vorfeld nach einer Pauschale oder den üblichen Abrechnungsmodalitäten zu fragen.

WANN MUSS NICHT GEZAHLT WERDEN?

Ein Arbeitgeber kann tatsächlich die Kostenübernahme ausschließen. Dies muss er jedoch vorher mit der Einladung zum Gespräch ausdrücklich formulieren. Überraschungen können aber auch hier nicht ausgeschlossen werden, indem z.B. Dich das Unternehmen darüber erst vor Ort informiert. Sowas ist aber rechtlich nicht mehr zulässig und deshalb darfst Du dagegen vorgehen. Jetzt bist Du am Zuge, zu entscheiden, ob du die Kosten noch einfordern möchtest und ob das Unternehmen als Arbeitgeber für Dich nach wie vor überhaupt noch von Interesse ist.

WAS IST ÜBLICH IN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE?

In der Lebensmittelindustrie werden die Kosten der Bewerber:innen in der Regel übernommen. Es sei denn, die Bewerber:innen kommen aus dem Nebenort und haben eine Anreise von wenigen Kilometern. Insbesondere in Zeiten des Fach- und Führungskräftemangels sind sich die Unternehmen der Lebensmittelbranche der Bedeutung eines zeitgemäßen Employer Branding sehr bewusst. Kein Unternehmen will später auf den einschlägigen Bewertungsplattformen lesen, dass es Bewerberkosten nicht übernimmt.

5 TIPPS ZUR FAHRTKOSTENERSTATTUNG BEI VORSTELLUNGSGESPRÄCHEN

1. Immer mit gesundem Menschenverstand an die jeweilige Situation herangehen. Soweit der Arbeitgeber in der Einladung nichts von Einschluss/Ausschluss der Kosten gesagt hat, frag erst einmal nicht nach. Wähle die günstigste und effizienteste Anreisemöglichkeit. Wenn Du eine Bahncard hast, nutze sie. Jeder freut sich über kostenbewusste, potenzielle Mitarbeitende. Und dann wartest Du die Rückmeldung auf Dein persönliches Vorstellungsgespräch ab. Erst wenn Du diese hast – und damit hoffentlich die Zusage zum neuen Job – fragst Du höflich nach, in welcher Form das Unternehmen die Mitteilung über die Reisekosten wünscht. Das Unternehmen wird mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen, dass Du die günstigste, angemessenste Variante gewählt hast.

2. Hast Du eine Anreise von unter 15 Kilometern? Dann verzichte auf eine Fahrtkostenerstattung! Rechtlich steht Dir diese zwar zu, es wäre jedoch kleinlich und hinterlässt keinen guten Eindruck.

3. Wenn Du einen Termin am Abend bekommst und eine Rückfahrt nicht mehr realisierbar ist, frage nach, ob der Arbeitgeber eine günstige Pension kennt und die Übernachtungskosten übernimmt. (Auch wenn so eine Situation rechtlich eindeutig geregelt ist, so hinterlässt eine vorausschauende und höfliche Anfrage einen guten Eindruck und Du spürst direkt, welches Klima und welche Haltung im Unternehmen herrscht.)

4. Wenn Du eine Einladung von einem Unternehmen bekommst, das die Fahrtkostenerstattung ausdrücklich ausschließt, überlege Dir ganz genau, ob Du dort arbeiten und zum Gespräch fahren möchtest.

5. Wenn Du von einem Personalberater bzw. einer Personalberaterin eine Einladung bekommst und in der Einladung die Fahrtkostenerstattung ausgeschlossen ist, solltest Du besser nicht hinfahren, denn der Prozess „riecht“ nicht sehr seriös. Die Unternehmen der Lebensmittelindustrie, die mit qualifizierten Beratungsunternehmen zusammenarbeiten, erstatten nämlich sowohl dem Berater bzw. der Beraterin, als auch den Bewerber:innen sämtliche Kosten.

Viel Erfolg bei Deinem nächsten Vorstellungsgespräch!

 

NACH OBEN

 


 

ÜBER THOMAS SCHULZ

Der Autor ist freiberuflicher Rechtsanwalt mit arbeitsrechtlichem Schwerpunkt. Darüber hinaus war er Human Resources Interim Manager sowie Dozent für Sozial- und Arbeitsrecht bei der IHK Allgäu/Schwaben und Köln und war 13 Jahre als Personalmanager tätig – davon 10 Jahre in der Bayerischen Milchindustrie. Seit Mai 2015 ist Thomas Schulz geschäftsführender Gesellschafter der Rau Interim GmbH mit Sitz in Warburg. Damit ist er der erste Interim Management Provider im deutschsprachigen Raum, der sich ausschließlich auf die Lebensmittelindustrie konzentriert. 

WEITERE THEMENGEBIETE

 


Bild: © Unsplash
Grafik: © foodjobs GmbH

Newsletter

Newsletter
Gib hier Deine E-Mail Adresse ein: